KI in der Übersetzung - was kann sie und was nicht?

KI in der Übersetzung: Was kann sie und was nicht?

Sie möchten wissen, ob künstliche Intelligenz (KI) für Sie eine Lösung sein kann? Sprechen Sie uns an! Elke analysiert mit Ihnen Ihren Bedarf und zeigt Ihnen anschließend Ihre Optionen auf. Wenn Sie sich lieber erst zum Thema informieren möchten, lesen Sie unsere Einführung:

Künstliche Intelligenz (KI) wurde in den letzten Jahren stetig verbessert, auch oder sogar besonders im Bereich der maschinellen Übersetzung (MT). Mittlerweile klingen die Ergebnisse oft mehr als brauchbar und daher kommt immer wieder die Frage auf, ob menschliche Übersetzer nicht langsam obsolet sind. Kurze Antwort: Sind sie nicht und werden sie auch auf absehbare Zeit nicht sein. Allerdings wird sich ihr Berufsbild, wie auch schon bei der Entwicklung der CAT-Tools vor einigen Jahren, wieder einmal stark verändern.

Für die lange Antwort beleuchten wir im Folgenden die Möglichkeiten und Grenzen der KI in der Übersetzung:

KI in der Übersetzung – so funktioniert sie

Die Maschine wird als künstliche Intelligenz bezeichnet, weil es sich um lernfähige Programme handelt. Der Begriff der Intelligenz ist hier jedoch fehlgeleitet. Intelligenz wird im Duden definiert als „Fähigkeit […], abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten“. Dazu ist die künstliche Intelligenz noch nicht in der Lage und schon gar nicht die Programme, die allgemein für maschinelle Übersetzung zugänglich sind.Diese arbeiten mit Statistik. Im Grunde genommen ermitteln sie nur, welches Wort statistisch gesehen die wahrscheinlichste Übersetzung für diesen Begriff ist. Mit etwas Glück läuft dann noch eine automatische Stil- und Grammatikprüfung über den Zieltext und fertig ist der maschinelle Output.

Wie statistisch wahrscheinlich eine Übersetzung für ein bestimmtes Wort ist, hat mitunter nichts mit dessen im Kontext richtiger Übersetzung zu tun. Schlimmer noch, diese Wahrscheinlichkeit hängt maßgeblich von dem Datensatz ab, mit dem die KI „trainiert“ wurde. Ist dieser fehlerhaft oder hat er einen gewissen Schwerpunkt, ist die Statistik verzerrt und die Qualität des Outputs deutlich schlechter. Hier bieten sich leider auch jede Menge Möglichkeiten zur Manipulation.

Aber der Reihe nach.

KI erkennt keinen Kontext

Ein wunderbares Beispiel für die Grenzen der Übersetzung mittels KI ist das englische Wort „share“ im wirtschaftlichen bzw. juristischen Kontext. Die gängigen Übersetzungen lauten „Anteil“ oder „Aktie“, wobei die Anteile wiederum Gesellschafts-, Unternehmens- oder Geschäftsanteile sein können. Fünf verschiedene Möglichkeiten für die KI, das Wort „share“ zu übersetzen und abhängig vom Kontext ist nur eine davon richtig.

Im Rahmen eines Auftrags übersetzte Elke einen Unternehmenskaufvertrag. Die darin festgelegte Transaktion war relativ simpel, es wurde eine GmbH mit zwei Gesellschaftsanteilen verkauft. Das Wort „share“ kam darin 52 Mal vor.

Möchte man sich einen solchen Vertrag nur einmal ansehen, weil man eine Vorstellung davon bekommen möchte, welche Inhalte vorkommen können, genügt eine maschinelle Übersetzung durchaus. Sofern der oder die Leser:in den Unterschied zwischen Anteil und Aktie bzw. zwischen GmbH und AG kennt.

Diese Übersetzung wurde allerdings vom Finanzamt benötigt und musste dafür auch beglaubigt werden. (Bei der Beglaubigung handelt es sich um eine eidesstattliche Versicherung der/des Übersetzer:in über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung.) Übersetzt man diesen Kaufvertrag über eine GmbH nun mit einer KI, die größtenteils mit Kaufverträgen von Aktiengesellschaften „trainiert“ wurde, ist die statistisch wahrscheinlichste Übersetzung des Wortes „share“ für die künstliche Intelligenz „Aktie“. Was völliger Blödsinn ist, da eine GmbH per Definition keine Aktien ausschüttet.

Aber auch, wenn der Datensatz ausreichend heterogen ist, kann die Wahrscheinlichkeit für „Aktie“ als Übersetzung in Verbindung mit einem bestimmten Wort oder Satzteil größer sein als für „Anteil“. Und damit kommen wir zum nächsten Problem:

KI schafft keine Konsistenz

Die KI erfasst nur einzelne Sätze, bringt diese aber nicht miteinander in Verbindung. In einem Satz unseres Kaufvertrags ist „Anteil“ die wahrscheinliche Übersetzung, im nächsten „Aktie“. Und so geht es weiter – wild durcheinander und quer durch alle Synonyme.

In einem Vertrag ist es aber von höchster Wichtigkeit, dass ein und dieselbe Sache immer mit dem gleichen Wort beschrieben wird. Dafür gibt es zu Beginn in aller Regel eine lange Liste mit Definitionen, die zwingend eingehalten werden muss. Unabhängig davon, dass „Aktie“ beim Kauf einer GmbH inhaltlich falsch ist, können für definierte Terme in Verträgen nicht beliebig Synonyme verwendet werden.

Auch in technischen Beschreibungen und sogar bei Marketing- und Website-Übersetzungen ist die konsistente Verwendung von Terminologie unabdingbar. Schließlich sollten einzelne Bauteile in der ganzen Anleitung gleich bezeichnet werden und Kund:innen auf Websites ein Produkt oder eine Dienstleistung aufgrund des Namens wiedererkennen können.

KI erkennt keine Fehler

Künstliche Intelligenz ist nicht in der Lage, Fehler im Ausgangstext zu erkennen. Sie übersetzt im Rahmen ihrer statistischen Möglichkeiten, was da steht. Jeder von Ihnen, der oder die schon einmal einen Text über 50 oder mehr Seiten schreiben durfte, weiß: egal, wie oft man diesen liest, korrigiert und lesen und korrigieren lässt – irgendwas rutscht meistens durch.

Niemand setzt sich so intensiv mit einem Text auseinander wie Übersetzer:innen. Wir nutzen Werkzeuge wie CAT-Tools, um begriffliche Konsistenz zu gewährleisten. Der Name der Klägerin ist auf Seite 32 falsch geschrieben? Auf Seite 41 sollte das Geburtsdatum des Kindes stehen, eingetragen ist aber das Datum, an dem das Kind volljährig wird? Qualifizierte Fachübersetzer:innen machen Sie ggf. auf die Mängel des Ausgangstextes aufmerksam, damit Sie sie korrigieren können.

Die künstliche Intelligenz bemerkt das nicht einmal. Trotzdem kann der Einsatz von KI nützlich sein:

Was kann die KI in der Übersetzung?

KI eignet sich für Texte mit kurzem Verfallsdatum oder bei denen das ungefähre Verständnis im Vordergrund steht, zum Beispiel stichpunktartige Produktbeschreibungen für Onlineshops oder Kundenrezensionen.

Bei ersterem sollte allerdings beachtet werden, dass diese nicht suchmaschinenoptimiert sind und bei manchen Sprachkombinationen durch die Wörtlichkeit der Übersetzung unverständlich sein können. Das gilt zum Beispiel für Übersetzungen aus dem Chinesischen oder Arabischen ins Deutsche, kann aber auch bei der Sprachkombination Englisch-Deutsch passieren. Man denke nur einmal an eine Umfrage mit den Auswahlmöglichkeiten „male, female, or divers”, die von der KI schon mit „männlich, weiblich, Taucher” übersetzt wurde.

Für Übersetzer:innen ist die KI ein Werkzeug: Sie kann uns helfen, unverständliche Teilsätze zu entwirren oder neuen Input geben, wenn wir das sprichwörtliche Brett vor dem Kopf haben. Ähnlich einem Wörterbuch oder einem CAT-Tool unterstützt uns die KI bei unserer Arbeit. Ersetzen kann sie uns genauso wenig.

Denn sobald ein Text verstanden werden muss (und das gilt für die meisten Texte, denn wozu würde man sie sonst schreiben), kann der KI-Output nicht mehr unkontrolliert veröffentlicht werden. Es bedarf eines sogenannten Post-Editings, das wiederum von einem oder einer erfahrenen Fachübersetzer:in durchgeführt werden sollte – und das in aller Regel genauso zeitaufwendig und deutlich fehleranfälliger ist als eine Übersetzung durch eine:n professionelle:n Übersetzer:in.

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