How (not) to Romance – Liebe in der Belletristik

Liebe und Romantik machen in der Literatur genauso viel Ärger wie im echten Leben. Es gibt Unsicherheiten, Verwicklungen, Spaß und Dramen ohne Ende – unendliches Potenzial für die zahlreichen Romance-Autor:innen da draußen.

Das haben klügere Leute als wir schon zur Genüge analysiert. In diesem Beitrag widmen wir uns daher den Themen, die wir für unsere Autor:innen für besonders relevant halten: Liebe in anderen Genres als Romance, erotische Szenen und queere Liebe.

 

Liebe in anderen Genres (als Romance)

In Leser:innenforen liest man häufiger, dass Bücher gesucht werden, in denen es keine Liebesgeschichte geben darf. Aber gibt es so etwas überhaupt?

Wir denken, dass Liebe in den meisten Geschichten ein Motiv ist – nur eben nicht der Hauptträger der Geschichte, wie es im Romance-Genre üblicherweise der Fall ist. Sogar bei J.R.R. Tolkien, dem Urvater der High Fantasy, ist Liebe ein zentrales Motiv: die Liebe zwischen Freunden, die Liebe zur Heimat und ja, auch romantische Liebe. Man sehe sich nur einmal Arwen und Aragorn an, Beren und Lúthien, Sam und Rosie.

Der Unterschied zu Romance-Büchern: die Liebesgeschichte nimmt nicht den Großteil der Handlung ein, stattdessen ist sie in die Haupthandlung eingebettet. Es gibt keine nennenswert erotischen Szenen, von S*xszenen ganz zu schweigen. Ist es das, was Menschen meinen, wenn sie „keine Liebesgeschichte” lesen wollen? Davon gehen wir aus.

Denn Liebe muss nicht romantisch sein. Es gibt Liebe zwischen Menschen und ihren tierischen Partner:innen, zwischen Freunden, Leidensgenoss:innen oder zwischen Eltern und ihren Kindern. Ein weiteres Liebesmotiv in der Fantasy (die schließlich unser Steckenpferd ist) wäre auch noch die Liebe von König:innen zum Volk oder die Liebe der Untertanen zum/zur König:in.

Wir überlegen noch, aber bisher ist uns kein Buch eingefallen, das völlig ohne Liebe auskommt. Sogar in Krimis und Thriller schleicht sie sich ein: als Love Interest der/des Ermittlers, als Täter:in, als Opfer, als Motiv. Fazit: Keine Angst vor der Liebe in Büchern – solange sie respektvoll ist. Und ggf. lohnt es sich, die Erwartungen von Leser:innen im Kopf zu behalten. Entweder, um sich danach zu richten, oder um bewusst damit zu brechen.

 

Erotische Szenen

Erotische Szenen gehören im Romance-Genre gewissermaßen dazu – wie explizit sie sind, hängt vom Sub-Genre und dem Geschmack der Autor:innen ab. Je nachdem, wie genau man als Autor:in den Erwartungen innerhalb des Genres entsprechen möchte, gibt es sogar Formulierungen, die „dazugehören”. Von diesen raten wir gerne ab – auch wenn sie typisch für das Genre sind, sind sie nun einmal auch schon hundertmal dagewesen. Die Entscheidung liegt bei den Autor:innen, als Lektor:innen machen wir nur auf dieses Tatsache aufmerksam.

In anderen Genres sollten Autor:innen mit erotischen Szenen etwas umsichtiger zu Werke gehen. Manche Leser:innen nehmen es übel, wenn sie keine Erotik erwarten (z. B. in einem High-Fantasy-Roman) und dann plötzlich seitenweise die körperlichen Vorzüge der/des Held:in samt seiner/ihrer Fähigkeiten auf einem gewissen Gebiet beschrieben werden. Fantasy-Leser:innen „erwarten” dies nicht und einige von ihnen mögen es auch einfach nicht.

Unserer Meinung nach gilt generell:

  1. Man sollte erotische Szenen schreiben können. Wenn sich Autor:innen schon beim Schreiben schämen, merken die Leser:innen das sofort. Heraus kommt in der Regel etwas, das sich gut mit dem Jugendwort des Jahres 2021 beschreiben lässt: Cringe!
  2. Vermeide Klischees. Der Mega-Macho-aber-irre-s*xy-A***loch-Kerl verguckt sich in die graue Maus, die in seinem Bett zur S*xgöttin mutiert und ihn zähmt – völlig unrealistischer Quatsch. Wer nicht bewusst dieses ganz spezielle Genre bedienen will, sollte die Finger davon lassen.
  3. Respekt. Guter S*x funktioniert auch im Roman nur auf Augenhöhe. Erniedrigung oder sogar Gewalt sind nicht s*xy, sondern armselig, und sollten auch in der Fiktion so betitelt werden. Und damit beziehen wir uns ausdrücklich nicht auf „harten” S*x, SM oder Fetische, denn diese sind oft besonders von gegenseitigem Vertrauen und Respekt geprägt.

 

Queere Liebe

Ursprünglich begann dieser Absatz mit den Worten: „Queere Liebe ist ein ganz schwieriges Thema.” Dann haben wir es umformuliert in „sensibles Thema”. Schließlich entspräche queere Liebe ja nicht der Norm, sie tauche nur in bestimmten Genres auf und sei überhaupt etwas ganz Außergewöhnliches. Sollte man in anderen Genres nicht vielleicht sogar eine entsprechende Triggerwarnung einbauen?

Es sollte ein objektiver, informativer Absatz mit nützlichem Content für unsere Follower:innen werden. Stattdessen haben wir an dieser Stelle nur eine Botschaft für Sie:

ES IST VÖLLIG EGAL!

Die Figur ist queer – na und? Es bedarf keiner Erklärungen, Rechtfertigungen oder Triggerwarnungen dafür! Wir weigern uns, unseren Autor:innen zu raten, lieber hetero Geschichten zu schreiben, damit sich die Leser:innen nicht auf den Schlips getreten fühlen.

Leser:innen, die sich von queerer Liebe in der Belletristik auf den Schlips getreten fühlen, sollen sich auf den Schlips getreten fühlen. Sie sind der Grund, warum wir mehr queere Figuren in der Literatur brauchen! Wir versuchen allerdings, unsere Autor:innen hinsichtlich Plakativität ein wenig zu sensibilisieren. Eine queere Figur ist toll – aber sie wirkt besser, wenn man nicht in jedem zweiten Satz erwähnt, dass er/sie queer ist ❤.

In diesem Sinne: Sie und Ihre Figuren sind toll, ob queer oder nicht. Gönnen Sie anderen (ob real oder fiktiv) die Liebe, die für sie richtig ist.

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