Wie wär’s denn mal mit einem Zungenschrittmacher?

Früher war mehr Romantik: Die typische Wortneuschöpfung, die oft in den Deutschbüchern auftaucht, stammt aus Eichendorffs Gedicht „Mondnacht” aus dem Jahr 1873 und lautet „Blütenschimmer”. Hach! Das waren noch Zeiten. In der Neuzeit geht es da durchaus um einiges weniger verklärt zu, wie das Neologismuswörterbuch des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache zeigt.

Die wissenschaftliche Einrichtung dokumentiert und erforscht die deutsche Sprache der Gegenwart und veröffentlicht gegen Ende eines jeden Jahres neue Neologismen, die aktuelle gesellschaftliche Tendenzen widerspiegeln.
Für das Jahr 2019 sind vor allem Begriffe aus den Bereichen Klima- und Umweltschutz stark vertreten: Im Wörterbuch tauchen seit Anfang 2020 Neologismen wie Flugscham, Elektrotretroller, Unverpacktladen oder Urban Farming auf. Ebenfalls dabei ist die neue Bedeutung von divers im Zusammenhang mit der Geschlechtsidentität. Dem Bereich der Medizin haben wir unter anderem die folgenden Begriffe zu verdanken: den Zungenschrittmacher („bei Schlafapnoe und Schnarchen implantiertes Gerät, das durch elektrische Impulse den Zungenmuskel regelmäßig stimuliert, sodass die Atemwege nicht mehr verschlossen sind”) und die PrEP (die etwas sperrige Langform lautet Präexpositionsprophylaxe und meint, dass HIV-negative Personen mit hohem Ansteckungsrisiko virenhemmenden Medikamente einnehmen, um das Risiko einer HIV-Übertragung zu minimieren).

Aus dem digitalen Leben haben es das Parshippen und das Facetimen ins Wörterbuch geschafft, darüber hinaus Digital Detox und – merkwürdigerweise jetzt erst – die Powerbank. Im Bereich von Freizeit, Erholung, Sport, Essen und Mode wartet beispielsweise der Onesie. Keine Krankheit, wie man im ersten Moment vielleicht vermuten könnte, sondern nur ein anderes englischsprachiges Wort für Onepiece oder Jumpsuit, auf gut Deutsch: ein Einteiler. Ebenfalls dabei sind das Waldbaden, die Bowl und der Skyr, ein isländisches Milchprodukt, das irgendwo zwischen Quark und Joghurt zu verorten ist.

Zum Schluss jedoch noch ein Trost: Zumindest eine romantische Wortneuschöpfung hat unsere aktuelle Zeit hervorgebracht. Die Idee dazu hatte die Verwaltung des Naturpark Westhavelland in Brandenburg. Denn der Naturpark ist einer der wenigen Orte, an denen man noch gut die Sterne beobachten kann. Das liegt daran, dass es dort nachts richtig dunkel wird – anders als in vielen Gegenden, wo beleuchtete Webetafeln, Diskotheken, Straßenlampen und andere Lichtquellen den Himmel hell halten. Das Wort, mit dem der Naturpark sich selbst bezeichnet, heißt: Sternenpark.

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