Die Ausgangssituation
Sprache ist männlich geprägt. Das bedeutet, dass im allgemeinen mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch vor allem männliche Varianten vorkommen – beispielsweise bei Berufsbezeichnungen und Personengruppen. Dadurch, dass uns diese männlich geprägte Sprache von klein auf begleitet, hinterfragen wir sie nicht, sondern eignen uns genau diese Sprache unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern an. Beim Lesen, Schreiben und Sprechen tragen wir sie wiederum weiter. Menschen anderen Geschlechts fallen häufig unter den Tisch.
Das Problem
Sprache ist zwar nichts, was man anfassen kann. Aber sie ist trotzdem allgegenwärtig und beeinflusst maßgeblich, welche Rollenbilder man anderen und sich selbst zutraut, einzunehmen. Studien zeigen zum Beispiel, dass sich schon Kinder – insbesondere Mädchen – einen Beruf eher zutrauen, wenn neben der männlichen Form auch etwa von einer Ingenieurin, Polizistin oder Politikerin die Rede ist. Darüber hinaus trägt die Sprache dazu bei, dass man verschiedene Rollen und damit einhergehende Eigenschaften einem bestimmten Geschlecht zuschreibt. Ist beispielsweise immer nur von Politikern, Professoren und Ärzten die Rede, sind einem primär “männliche” Personen gegenwärtig, denen man Eigenschaften wie Intelligenz, Fachkompetenz und Stärke zuordnet. Umgekehrt verstärken derartige Bezeichnungen, bei denen Frauen einfach “vergessen” werden, wiederum die Vorstellung, dass Frauen eben einfach eher im familiären und häuslichen Umfeld zugange sind und gewissermaßen besonders dafür geeignet sind.
Die Lösung
Wenn es rein ums Geschlecht geht, sind Männer und Frauen gleichermaßen geeignet, um verschiedene Tätigkeiten auszuüben. Schließlich besitzen Männer wie Frauen Augen, um hinzuschauen, Köpfe, um nachzudenken und Hände, um Dinge zu erschaffen. Entsprechend sind Männer, Frauen und Angehörige jedes anderen sozialen Geschlechts fähig, zu kochen, zu putzen, Kinder zu wickeln, eine Rede zu halten, sich ein Marketingkonzept auszudenken oder ein Auto zusammenzuschrauben. Insofern ergibt es Sinn, das männliche genau wie das weibliche Geschlecht auch in der Sprache sichtbar zu machen. Und zwar durch eine der folgenden Varianten:
Beidnennung, auch Doppel- oder Paarnennunng: Hier erscheinen die männliche und die weibliche Variante hintereinander, zum Beispiel Ärzte und Ärztinnen.
Binnen-I: Die weibliche Endung steht direkt hinter der männlichen, wobei das I im Wort sich großschreibt, etwa bei BäckerIn.
Gender-Gap, Gender-Sternchen oder Gender-Doppelpunkt: Ein Unterstrich, ein Sternchen oder ein Doppelpunkt trennt die männliche Form und die weibliche Endung, zum Beispiel steht dann da Sänger_in, Sänger*in oder Sänger:in. Besonders das Gender-Sternchen ist in der LGBTQ+-Community beliebt, da es neben männlich und weiblich auch alle anderen Geschlechter miteinschließt.
Neue Berufsbezeichnungen: Manche Berufs- und Personenbezeichnungen tragen das Geschlecht bereits im Namen, etwa der Müllmann oder die Putzfrau. Die Lösung sind Umschreibungen wie etwa Beschäftigte(r) der Müllabfuhr oder Reinigungskraft. Mancherorts etablieren sich auch eigene Bezeichnungen wie die Müllfrau oder der Putzmann.
Vorteile
Die Vorteile der genderegrechten Sprache liegen auf der Hand: Sie sorgen nachweislich dafür, dass sich Angehörige beider biologischen Geschlechter angesprochen fühlen und entsprechend sichtbar sind.
Ein oft genanntes Argument gegen gendergerechte Sprache ist die Textverständlichkeit. Dass dieses Argument Quatsch ist, zeigt jedoch eine Studie der TU Braunschweig: Selbst die längste Form, nämlich die komplette Nennung der männlichen und weiblichen Form wie etwa “Kunde und Kundin”, stört nicht den Lesefluss.
Nachteile
Ja, Frauen neben den Männern ebenfalls explizit anzusprechen, mag unbequem sein. Es kostet etwas mehr Zeit, die weibliche Form ebenfalls auszusprechen, es kostet mehr Zeichen, eine gendersensible Formulierung aufzuschreiben und leider ändert es nichts am grundlegenden Problem: der geschlechterspezifischen Diskriminierung.
Unser Fazit
Gendersensible Sprache? Auf jeden Fall! Denn man stelle sich folgendes Szenario vor: In allen Ansprachen, Gesprächen und Texten wäre nur noch die Rede von der weiblichen Form, von sehr geehrten Studentinnen, Mieterinnen und Leiterinnen, Direktorinnen und Ingenieurinnen. Würde jeder Mann sich da nicht auch seltsam unsichtbar fühlen und feststellen, dass ein lapidares “Fühl’ dich doch einfach mitgemeint!” es auch nicht besser macht? Eben.